Die zentralen Thesen:
- 2021 weigerte sich Deutschland wegen fehlender Gegenseitigkeit, ein chinesisches Urteil anzuerkennen und zu vollstrecken, obwohl China bereits 2013 die Gegenseitigkeit zwischen den beiden Ländern bestätigt hatte.
- Das Landgericht Saarbrücken kam 2021 zu dem Schluss, dass die Gegenseitigkeit bei der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen zwischen Deutschland und China sowohl in Bezug auf die Rechte als auch auf die Praxis nicht gewährleistet sei.
- Nach Ansicht des Landgerichts Saarbrücken ist die Anerkennung des deutschen Urteils durch ein chinesisches Gericht im Jahr 2013 nur ein Einzelfall und daher nicht ausreichend, um eine gegenseitige Garantie zu begründen.
- Der Fall im Jahr 2021 ist das Ergebnis eines mangelnden öffentlichen Bewusstseins sowohl für den Öffnungstrend bei chinesischen Gerichten als auch für die Tatsache, dass in China bereits etliche ausländische Urteile auf der Grundlage der Gegenseitigkeit vollstreckt wurden.
Am 16. April 2021 erließ das Landgericht Saarbrücken (das „deutsche Gericht“) ein Urteil (Nr. 5 O 249/19), in dem es sich weigerte, das Zivilurteil [(2017) Hu 0115 Min Chu Nr. 2248] (das „Urteil“) anzuerkennen, das am 27. Februar 2017 vom Primären Volksgericht des Bezirks Shanghai Pudong (das „Gericht Shanghai“) ergangen war.
Das deutsche Gericht entschied, dass die Gegenseitigkeit zwischen China und Deutschland nicht gewährleistet sei, da China die Anerkennung und Vollstreckung weiterer deutscher Urteile nicht zugelassen habe, nachdem das Kammergericht Berlin 2006 ein chinesisches Urteil anerkannt hatte.
Tatsächlich hat ein Gericht in Wuhan 2013 ein deutsches Urteil anerkannt und aufgrund des Urteils des Berliner Kammergerichts aus dem Jahr 2006 eine Gegenseitigkeit zwischen China und Deutschland festgestellt. Außerdem liberalisiert China seit 2017 seine Regeln und übernimmt die Initiative zur Anerkennung von mehr ausländischen Urteilen nach dem Gegenseitigkeitsprinzip.
Diese Tatsachen sind jedoch nicht mehr Menschen bekannt, was zu Missverständnissen führt. Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist das jüngste Beispiel für ein solches Missverständnis.
I. Fallhintergrund
Der Beklagte, ein Hersteller deutscher Automobilzulieferer, hat für die Automobilmotorenproduktion benötigte Hilfsstoffe konzipiert und in China hergestellt.
Das Produkt wurde ursprünglich vom Antragsteller hergestellt. Zu diesem Zweck unterzeichneten beide Seiten eine Herstellungsvereinbarung. Nachdem es zwischen den beiden Parteien zu einem Streit über die Erfüllung der Vereinbarung gekommen war, reichte der Beschwerdeführer eine Klage beim Gericht in Shanghai ein und forderte den Beklagten auf, die Rückstände zu zahlen.
Nach einem Versäumnisverfahren fällte das Gericht in Shanghai am 27. Februar 2017 ein Urteil, in dem der Beklagte verurteilt wurde, CNY 4,267,303 und aufgelaufene Zinsen an den Beschwerdeführer zu zahlen.
Danach beantragte der Beschwerdeführer beim deutschen Gericht die Vollstreckung des besagten chinesischen Urteils.
Das deutsche Gericht wies die Klage des Beklagten jedoch ab.
Das hat das Bundesgericht gem § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (ZPO) kann der Antragsteller die Anerkennung eines chinesischen Urteils nicht beantragen.
Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens ist die Gegenseitigkeit zwischen China und Deutschland nicht gewährleistet, und zweitens gibt es Mängel im Dienst des Shanghai Court.
Dieser Beitrag konzentriert sich auf die gegenseitige Garantie zwischen China und Deutschland.
II. Gegenseitige Garantie
Zwischen China und Deutschland besteht kein Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen. Zudem hat China das Haager Gerichtsstandsübereinkommen nur unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.
Unter diesen Umständen richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung des chinesischen Urteils nach § 328 ZPO.
Gegenseitigkeit im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist auch ohne förmliche Vereinbarungen mit dem ausländischen Staat gewährleistet, wenn das Recht auf gegenseitige Anerkennung und die Anerkennungspraxis im Wesentlichen gleichwertige Voraussetzungen für die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung gleicher Art schaffen eine Gesamtbeurteilung
Nach der deutschen Zivilprozessordnung kann Deutschland ein ausländisches Urteil anerkennen und vollstrecken, auch wenn zwischen Deutschland und dem Land, in dem das Urteil ergangen ist, kein entsprechendes Abkommen besteht, wenn die Gegenseitigkeit in Bezug auf Recht und Praxis gewährleistet ist.
Die Gegenseitigkeit ist nämlich gewährleistet, wenn die Anerkennung und Vollstreckung einer deutschen Entscheidung im ersuchenden Staat nicht auf wesentlich größere Schwierigkeiten stößt als umgekehrt die Anerkennung und Vollstreckung einer vergleichbaren ausländischen Entscheidung in Deutschland.
Insbesondere entschied das deutsche Gericht, dass die Gegenseitigkeit zwischen China und Deutschland aus den folgenden Gründen nicht garantiert sei.
1. Keine gegenseitige Rechtsgarantie zwischen China und Deutschland
Einerseits legen die Artikel 281 und 282 des chinesischen Zivilprozessgesetzes die rechtlichen Grundlagen und Bedingungen für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile fest. Mangels einschlägiger bilateraler oder multilateraler Vereinbarungen erlaubt das geltende chinesische Recht jedoch keine Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile in China.
Andererseits erlaubt § 328 ZPO die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Deutschland auch ohne Abkommen.
Aus institutioneller Sicht ist die Durchsetzung eines deutschen Urteils in China schwieriger als in Deutschland, was zeigt, dass Gegenseitigkeit nicht gewährleistet ist.
2. Keine gegenseitige Garantie zwischen China und Deutschland in Bezug auf die Praxis
Ob jedoch die Gegenseitigkeit der Anerkennung gegenseitiger Gerichtsentscheidungen zwischen Deutschland und China gewährleistet ist, ist für Zivilurteile höchst umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt (vgl. Zusammenfassung in Deißner, IPRax 2011, 565, 567).
Ob die Gegenseitigkeit bei der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen zwischen Deutschland und China gewährleistet ist, ist nach den vorliegenden Zivilurteilen höchst umstritten. Außerdem wurde die Kontroverse vom Bundesverfassungsgericht nicht geklärt.
A. Das Kammergericht Berlin hat ein chinesisches Urteil aus dem Jahr 2006 anerkannt
Das Kammergericht Berlin hat am 20. Mai 13 eine Entscheidung (Az. 04 SCH 18/2006) zur Anerkennung eines chinesischen Urteils gefällt.
Das Berliner Kammergericht entschied, dass eine Seite die Initiative ergreifen muss, um das Urteil der anderen Seite anzuerkennen, bevor die andere Seite nachziehen kann, um Gegenseitigkeit herzustellen. Andernfalls führt dies zu einer gegenseitigen Weigerung, den ersten Schritt zu tun, was zu einer gegenseitigen Weigerung führt, das Urteil des anderen anzuerkennen. Dies ist nicht das Ergebnis, das der Gesetzgeber bei der Formulierung der deutschen Zivilprozessordnung gewollt hat.
Das Kammergericht Berlin prognostizierte, dass die Anerkennung chinesischer Urteile durch deutsche Gerichte auch zur Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile in China führen würde, was beide Seiten von der gegenseitigen Verweigerung der Anerkennung abhalten könnte.
B. Eine deutsche Repräsentanz in China glaubte 2014 nicht, dass das deutsche Urteil in China anerkannt und vollstreckt werden könne
Das Bundesgericht hält die Prognose des Berliner Kammergerichts für falsch, weil die deutsche Repräsentanz in China 2014 in einer Broschüre sagte:
„Wenn deutsche Unternehmen oder Einzelpersonen ihre deutschen Urteile in der Volksrepublik China vollstrecken wollen, werden sie wahrscheinlich scheitern, weil es kein Vollstreckungsabkommen zwischen Deutschland und China gibt. Chinesische Gerichte werden deutsche Urteile nur anerkennen oder vollstrecken, wenn Gegenseitigkeit gewährleistet ist, und Chinesische Urteile würden wiederum auch in Deutschland anerkannt bzw. vollstreckt, was bisher jedoch nicht der Fall war: Das vom Kammergericht Berlin im Jahr 2006 anerkannte chinesische Urteil war nur ein Einzelfall, der in China nicht verhandelt wurde ."
C. Das 2013 vom Mittleren Volksgericht Wuhan anerkannte deutsche Urteil reicht nicht aus, um eine gegenseitige Garantie zu begründen
Der Beschwerdeführer übermittelte dem deutschen Gericht eine Unterrichtung über den Fall des Mittleren Volksgerichtshofs von Wuhan, in dem ein deutsches Urteil aus dem Jahr 2013 anerkannt wurde (der „Fall Wuhan“). Das deutsche Gericht stellte jedoch fest, dass dies nur ein Einzelfall war, was nicht ausreichte, um zu zeigen, dass eine gegenseitige Garantie im allgemeinen Sinne durch die Rechtsprechung festgestellt worden war.
D. In Anbetracht dessen, dass seit langem kein deutsches Urteil mehr von China anerkannt wurde, kann nicht davon ausgegangen werden, dass China der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile positiv gegenübersteht
Theoretisch ließe sich beobachten, dass China zunehmend offener für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile sei. In der Praxis führte der Beschwerdeführer jedoch nur die Anerkennung eines kalifornischen Urteils aus dem Jahr 2017 und eines singapurischen Urteils aus dem Jahr 2016 durch chinesische Gerichte an, ohne nachzuweisen, dass chinesische Gerichte außer dem Wuhan-Fall auch andere deutsche Urteile anerkannt hätten.
Seit der Entscheidung des Kammergerichts Berlin im Jahr 15 sind 2006 Jahre vergangen. Angesichts des enormen Handelsvolumens zwischen China und Deutschland hätte es eine große Anzahl von Fällen geben müssen, in denen China und Deutschland die Urteile des jeweils anderen anerkennen und durchsetzen. Es gibt jedoch keine.
Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gegenseitigkeit zwischen China und Deutschland gewährleistet ist.
III. Unsere Kommentare
Der deutsche Gerichtshof hat den Durchbruch im Wuhan-Fall verpasst.
Der Mittlere Volksgerichtshof Wuhan wies in seinem Urteil darauf hin, dass er die wechselseitigen Beziehungen zwischen China und Deutschland gemäß der Entscheidung des Kammergerichts Berlin aus dem Jahr 2006 bestätige und das Urteil des Landgerichts Montabaur entsprechend anerkenne.
Wenn das deutsche Gericht die Möglichkeit hätte, den vollständigen Wortlaut des Urteils im Wuhan-Fall zu lesen, würde es wahrscheinlich zu einem völlig anderen Urteil kommen.
Der deutsche Gerichtshof hat so viele Fortschritte anderer chinesischer Gerichte verpasst.
Der Beschwerdeführer legte dem deutschen Gericht nur zwei ausländische Urteile vor, die von chinesischen Gerichten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit anerkannt wurden. Tatsächlich hat China jedoch zusätzlich zu den beiden vorstehenden Urteilen auch die anderen fünf ausländischen Urteile auf der Grundlage der Gegenseitigkeit anerkannt.
Beispielsweise:
- 2018 erkannte China zum zweiten Mal ein US-Urteil an. Sehen "Die Tür steht offen: Chinesische Gerichte haben zum zweiten Mal ein US-Urteil anerkannt und vollstreckt".
- 2019 erkannte China erstmals ein südkoreanisches Urteil an. Sehen "Das chinesische Gericht erkennt zuerst ein südkoreanisches Urteil an: Ein weiteres Zeichen für eine offene Tür für ausländische Urteile".
- 2019 erkannte China zum zweiten Mal ein singapurisches Urteil an. Sehen "Nochmal! Das chinesische Gericht erkennt ein Urteil in Singapur an".
- 2020 erkannte China zum zweiten Mal ein südkoreanisches Urteil an. Sehen "Zum zweiten Mal erkennt China ein südkoreanisches Urteil an".
- 2021 erkannte China zum dritten Mal ein singapurisches Urteil an. Sehen "Chinesisches Gericht erkennt erneut singapurisches Urteil an: Kein bilateraler Vertrag, sondern nur Memorandum?".
Informationen zu Chinas Fällen zur Anerkennung ausländischer Urteile finden Sie in unserem regelmäßig aktualisierten Liste.
Jedoch haben Angehörige der Rechtsberufe und die Öffentlichkeit kein öffentliches Bewusstsein für diese Fälle und deren Öffnungstendenzen erreicht.
Weder das deutsche Gericht noch der Beschwerdeführer haben bemerkt, dass die Gegenseitigkeit zwischen China und Deutschland tatsächlich gewährleistet ist.
Wir werden Sie in unserem nächsten Beitrag zu mehr darüber führen "China zögert, ausländische Urteile anzuerkennen? Ein großes Missverständnis!".
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